Die italienische Gesetzgebung unterscheidet die Abbautätigkeit je nach Art des Materials, das “kultiviert” wird, in:
1.Steinbruchtätigkeit: wenn die Tätigkeit die Entnahme von Baumaterialien, die Entnahme für die Industrie und von Ziersteinen von lokaler Bedeutung betrifft;
Bergbautätigkeit: wenn die Tätigkeit die Entnahme von Materialien von hohem Wert und von strategischer Bedeutung, wie Metallerze und Brennstoffe, betrifft.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Arbeit im Bergwerk mit einer unter Tage ausgeübten Tätigkeit und die Steinbrucharbeit mit einer Tätigkeit unter freiem Himmel assoziiert; in Wirklichkeit finden heute dank der Verfügbarkeit neuer Grabungs- und Stütztechnologien von Hohlräumen, dank der Verfügbarkeit von Maßnahmen zur Wiederherstellung der Umwelt und dank einer anderen Sensibilität gegenüber der Landschaft die Steinbruchtätigkeiten auch immer häufiger unterirdisch statt.
DIE ABBAUTÄTIGKEIT im Gebiet des Geoparks
Das Gebiet des Geoparks wurde seit den entferntesten Zeiten, möglicherweise bereits während der prähistorischen Ära und in der Römerzeit genutzt, um Rohstoffe zu gewinnen. Besonders im Mittelalter nahm die Bedeutung der Abbautätigen zu.
Das älteste schriftliche Zeugnis in Bezug auf einen Bergbau betrifft die Minen des Monte Avanza (Öfen), als im Jahr 778 der Herzog Franco Masselio dem Kloster von Sesto al Reghena eine Ortschaft namens Forno mit all ihren Zugehörigkeiten, einschließlich den Eisen- und Kupferminen, schenkte. Es folgten im XIII. Jahrhundert weitere Zugeständnisse im Bereich des Canale di Gorto und im Gebiet von Öfen. Einen erheblichen Schub wurde der Bergbauforschung durch die Republik Venedig zuteil. Diese beschaffte sich in Karnien Mineralien für die Versorgung des Arsenals. Es wurden auch Mineralien zum Prägen gesucht.
Heute sind alle Minen ausgeschöpft oder geschlossen, weil sie nur wenig rentabel sind. Aber es haben sich auf dem Territorium bedeutende Spuren dieser Aktivitäten, die zum Forschungsgegenstand zahlreicher Gelehrter geworden sind, erhalten. Als Zeugnis einer tausendjährigen Bergbautätigkeit dienen die Toponyme (wie Rio Malinfier, Rio Miniere, Rio Pistons) und die Legenden.
Hingegen sind noch verschiedene Steinbrüche unter freiem Himmel für den Abbau von Kalkstein von großem kommerziellen Wert und Gips aktiv.
MINEN UND BERGBAUSTÄTTEN IM BEREICH DES GEOPARKS
In Karnien gibt es zahlreiche Bereiche, in denen in der Vergangenheit Mineralien oder Brennstoffe gewonnen wurden.
Die extrahierten Mineralien waren hauptsächlich: Bleiglanz (PbS), Blende (oder Sphalerit) (ZnS), Fluorit (CaF2), mangansiferöser Siderit ((Fe,Mn)CO3), Siderit (FeCO3), Tetrahedrit (Cu(Sb,AS)S3), Hämatit (Fe2O3) und Baryt (Ba- SO4). Die Mineralisierungen entwickelten sich vor allem in den silurischen und devonischen Gesteinen. Die Bergbautätigkeiten betrafen neben den Metallharzen auch die Brennstoffe wie Kohle (Monte Corona bei Pramollo und Cludinico di Ovaro).
Im Großteil der Gebiete, die Gegenstand des Abbaus sind, bemerkt man nur Ausgrabungen und Stollen von geringem Umfang und meistenteils oberflächlich; es gibt allerdings Stätten, an denen die Tätigkeit, wenn auch sprunghaft, über Jahrhunderte andauert. Aus diesem Grund werden an diesen Orten bedeutendere Strukturen wiedererkannt, auch wenn sie selten gut erhalten sind.
Monte Avanza (Öfen)
Unter den Metallminen ist die des Monte Avanza das älteste Zeugnis für den Bergbau in der gesamten Region Friaul-Julisch Venetien. Ihre Tätigkeit ist in der Tat seit dem Jahr 778 dokumentiert.
Die Mineralisierungen sind entlang des Kontaktes zwischen den devonischen Kalksteinen und dem Tonschieferkomplex des Karbon lokalisiert. Die gewonnenen Mineralien waren Silber und als Nebenprodukt Kupfer. Die Kriegsereignisse der Jahre zwischen 1944-45 beendeten die Suche und den Abbau, auch aufgrund der Reduzierung des vorhandenen Minerals und der hohen Förderkosten.
Timau (Paluzza)
Der Bergbau der Berge um Timau, wo aus den paläozoischen Gesteinen Silber und Kupfer gewonnen wurde, lässt sich bis ins späte Mittelalter zurückverfolgen. Das einzige Zeugnis, das von dieser Tätigkeit bleibt, ist ein Bergbaustollen, der sich im Bereich des Steinbruchs Pramosio befindet. Hier wird heute der “Grigio Carnico” abgebaut.
San Giorgio (Comeglians)
Vom Bergbaugebiet San Giorgio di Comeglians gibt es nur sehr rare Zeugnisse. Spuren mittelalterlicher Aktivitäten wurden 1940 gefunden, als Untersuchungen durchgeführt wurden, um das Potenzial der Vorkommen zu schätzen. Die Mineralisierungen wurden im Streifen zwischen den Ablagerungen des Silur und den Kalksteinen des Devon lokalisiert. Das am häufigsten abgebaute Mineral war das Baryt (mineralhaltiges Barium).
Val Aupa (Moggio Udinese)
Aus den Mineralisierungen des Val Aupa, die im Rio del Fous und im Rio dell’Andri vorhanden sind, wurde das Fluorit (ein sehr verbreitetes Mineral, das aus Calciumfluorid besteht) abgebaut. Es gibt keine sicheren Zeugnisse von Tätigkeiten, obschon sie möglicherweise vor 1872 erfolgten; hingegen gibt es eine zuverlässige und kontinuierliche Dokumentation erst seit 1925, als die niedrigen Minen aufgegeben und die Arbeiten auf höhere Lagen konzentriert wurden. Im Laufe der Zeit haben sich Produktions- und Forschungsperioden der völligen Inaktivität abgewechselt.
Monte Cocco (Malborgetto-Valbruna)
Diese Minen, die in der Nähe des Ortsteils Ugovizza liegen, waren für die Entwicklung des Val Canale ab dem XV. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg von großer Bedeutung. Während der Herrschaft der venezianischen Republik wurde das abgebaute Eisen importiert und sowohl für die Produktion von Werkzeugen für den Holzeinschlag und die Landwirtschaft als auch für die Herstellung von Waffen bearbeitet. Während des Zweiten Weltkriegs war die strategische Bedeutung der Minen von Monte Cocco derart, dass Deutschland diesen Teil des Territoriums unter seiner Kontrolle hielt.
Die Aufgabe der Tätigkeit dieser Minen erfolgte im Jahr 1946 mit der Demontage aller Anlage. Vom Bergbaudorf ist nur ein Backsteingebäude geblieben. In den nachfolgenden Jahren wurden neue Studien durchgeführt, aber mit wenig zufriedenstellenden Ergebnissen. Heute sind viele Stollen eingestürzt, einige sind nur schwer und gefährlich zugänglich, da sich die Balken in einem schlechten Zustand befinden und das Geröll auf die Infrastrukturen drückt.
IM BEREICH DES GEOPARKS AKTIVE GRUBEN
Es gibt acht aktive Steinbrüche in Karnien; zwei in der Gemeinde Öfen (Avanza und Clap di Naguscel), drei in der Gemeinde Paluzza (Pramosio, Valcollina-Portocozzi und Koul Troten), jeweils eine in den Gemeinden Paularo (Plan di Zermula), Verzegnis (Monte Lovinzola) und Ovaro (Entrampo).
Bezirk Öfen
Die Cava Avanza zeichnet sich durch die Produktion von “Fior di pesco carnico” aus, der kommerziell fälschlicherweise als Marmor bezeichnet wird; es handelt sich in der Tat nicht um ein metamorphes Gestein, sondern um ein Sedimentgestein, das auf eine Zeit vor 400 Millionen Jahren zurückgeht. Es ist von hellgrauer-weißlicher Farbe, mit zarten rosa-violettfarbenen Flecken, die durch die hämatitisch-manganhaltige Pigmentierung entstehen. Im Bezirk wird auch der ”Grigio Carnico” abgebaut, der aus kompakten, leicht metamorphosierten Kalksteinen, die über eine von grau bis hellgrau reichende Grundfarbe mit unzähligen hellen Kalzitadern und dunklen Adern aus kohlenstoffhaltigem Material verfügen, besteht.
Bezirk von Paluzza
In den Steinbrüchen von Pramosio und Valcollina-Portocozzi wird der “Grigio Carnico” gewonnen. Der Steinbruch Valcollina-Portocozzi wurde zu Beginn der 1960er Jahre eröffnet und nach etwa 25 Jahren geschlossen. Im Jahr 2010 wurde er erneut genehmigt und hat die Bergbautätigkeit wieder aufgenommen.
Im Steinbruch Cava Koul Troten, der in der Ortschaft Laghetti di Timau liegt, wird hingegen der “Rosso oniciato” gewonnen. Dieser besteht aus einem Kalkstein, der der Formation der “pelagischen Kalksteine mit Klimenien und Goniatiten” angehört und der aus dem oberen Devon – Unterkarbon stammt. Er verdankt seinen Namen dem Vorkommen gut entwickelter rötlicher Bänder, die sich mit grauen Bändern, die alle quer von weißen Kalzitadern durchzogen werden, abwechseln. Es handelt sich um ein Material, das sich aufgrund seiner chromatischen Merkmale von allen anderen in der Region extrahierten Materialien unterscheidet.
Steinbruch Pian di Zermula (Paularo)
Auch in der Nähe des Steinbruchs Pian di Zermula wird der “Grigio carnico” gewonnen. Im Bereich des derzeitigen Steinbruchs gab es eine vorhergehende Bergbautätigkeit, die in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts endete. Die Genehmigung für die Reaktivierung und die Umweltsanierung des alten stillgelegten Steinbruchs geht auf das Jahr 2015 zurück.
Steinbruch Monte Lovinzola (Verzegnis)
In der Gruppe des Bergs Verzegnis, in der Nähe des Gipfels des Bergs Lovinzola in 1700 m über dem Meeresspiegel, wird ein Produkt gewonnen, das zu den bekanntesten der karnischen Region gehört. Es handelt sich um einen rotbraunen Kalkstein, der deutlich im unteren-mittleren Jura geschichtet wurde. Er ist voller Crinoidfragmente und Ammonit- und Belemnitschalen. Die starke Färbung ist der hämatitischen oder limonitischen Pigmentierung zu verdanken. Einst wurden unterschiedliche Marmorsorten gewonnen: “Bruno Vermiglio”, Porfirico Fiorito, Porfirico Bruno und “Noce Radica”. Derzeit wird nur die letzte Sorte gewonnen, die auch unter dem Handelsnamen “Rosso Verzegnis” bekannt ist.
Steinbruch Entrampo (Ovaro)
Im Steinbruch Cava di Entrampo (in der Gemeinde Ovaro) werden keine Zier- oder Bausteine gewonnen, sondern Gips für die Industrie; dieser Gips gehört der Bellerophon-Formation des oberen Perman.
Geostätten im karnischen Gebiet in Bezug auf Bergbaustätten
1. Mittelalterliche Silbermine in Pramosio (Paluzza): es handelt sich um den einzigen mittelalterlichen Silberstollen, der noch in seiner ursprünglichen Form in den Ostalpen intakt ist.
2. Kohlemine in Cludinico (Ovaro): Kohlemine, die bis zum Jahr 1957 aktiv war und die kürzlich zu kulturellen, didaktischen und touristischen Zwecken wiederhergestellt wurde.